Warst Du schon einmal im Flow? Kennst Du das Gefühl wenn Du in einer Aufgabe völlig aufgehst? In diesem Beitrag soll das Flow-Erleben und Achtsamkeit als Bewusstseinszustände dargestellt werden, welche mit einer intensiven Gegenwartserfahrung einhergehen.
In unserer leistungsorientierten und dynamischen Welt, ist es oft nicht leicht das „Hier und Jetzt“ zu erleben. In unserem beruflichen wie auch in unserem privaten Alltag begegnen uns täglich Ablenkungen, denen wir uns nicht entziehen können. Ob es das aufblinkende Handy ist, ein Geräusch, welches wir von draußen wahrnehmen oder einen Kollegen, der wieder mal eine Anmerkung bzw. Frage im Chat hat. Ständig laufen wir Gefahr, uns ablenken zu lassen.
Das Eintauchen in unsere Tätigkeit
Den Zustand, in dem all diese Ablenkungen uns abprallen und wir für einen Moment komplett in unsere Tätigkeit eintauchen, bezeichnen Psychologen als den Flow-Zustand. Für Läufer kann dieser Zustand der Moment sein, in dem die Aufmerksamkeit auf die Bewegung des Körpers, die Kraft der Muskeln und auf das Gefühl der Straße gerichtet wird. Die Zeit scheint zu vergehen, ohne dass es der Läufer bemerkt er versinkt in das Laufen, in das Flow-Erleben.
Der Wissenschaftler und Psychologe Mihály Csíkszentmihályi beschrieb 1975 erstmals das Flow-Prinzip. Als Professor für Psychologie an der University of Chicago ist er der Frage nachgegangen, warum und wie Personen mit einer Tätigkeit verschmelzen können. Sein Interesse für diesen Flow-Zustand entstand über die Psychologie der Kreativität. Er nennt den Flow einen Geisteszustand, in dem eine Person vollständig in eine Aktivität eintaucht bzw. ganzheitlich in einer Aufgabe aufgeht (Cherry, 2021).
„The ego falls away. Time flies. Every action, movement, and thought follows inevitably from the previous one, like playing jazz. Your whole being is involved, and you’re using your skills to the utmost,” Csíkszentmihályi in einem Interview mit Wired magazine (1996).
Die Bestandteile eines Flow-Zustandes
Flow-Erfahrungen können für verschiedene Menschen auf unterschiedliche Weise auftreten. Dabei konnte Csíkszentmihályi die Bestandteile herausfinden, die flowerzeugende Aktivitäten gemeinsam haben:
- Passung von Aufgabenschwierigkeit und aktueller Fähigkeit.
- Fokussierung und Konzentration – keine Ablenkung.
- Klare und erreichbare Ziele.
- Unmittelbare Rückmeldung.
- Kontrollgefühl.
- Veränderte Zeitwahrnehmung.
- Auflösen des Ichs – Handlung und Bewusstsein verschmelzen.
(Csikszentmihalyi, 2000)
Abb. 1: Modell Flow State (flowspacefitness, 2018)
Beispiel:
Wenn das Gleichgewicht zwischen Anforderungen und Fähigkeiten gestört ist, kann es bei einer Überforderung erst zu einer wachsamen und anschließend zu einer ängstlichen Haltung kommen. Wenn die Fähigkeiten die Anforderungen übersteigen und man sich unterfordert fühlt, entspannt man sich zunächst, wird jedoch nach einer Weile gelangweilt.
Die Wirkung eines Flow-Zustandes
In einem Flow-Erleben befindet sich unser gesamter Organismus in einem Harmoniezustand. Diese positiven Gefühlen äußern sich nicht nur mit einem reduzierten Stressempfinden, vielmehr unterstützen die positiven Gefühle unser Lernen sowie unsere Gesundheit. Für einen Moment ist der Mensch in der Lage, negative Gedanken abzulegen und sich selbst und seinen Körper in einem Genuss zu erleben. Das hat wiederum eine positive Wirkung auf das Selbstwertgefühl.
Außerdem gibt es Vorteile wie:
- Bessere emotionale Regulierung
- Mehr Erfüllung in einer Tätigkeit
- Zufriedenheit
- Höhere intrinsische Motivation
- Erhöhtes Engagement
- Bessere Performance
- Lernen neuer Fähigkeiten
- Erhöhte Kreativität
(Cherry, 2021)
Flow-Erleben und die Parallelen zu Achtsamkeit
Flow ist ein Zustand der Meditation – der Achtsamkeit, den Du nicht während des ruhigen Sitzens erfährst, sondern während Du ganz und gar in eine Aktivität vertieft bist.
Das Konzept der Achtsamkeit beschreibt, wie auch das Flow-Erleben, die Bewusstheit über den gegenwärtigen Moment. Hinzu kommen Aspekte der Offenheit gegenüber Neuem sowie der nichtwertenden Haltung gegenüber dem Augenblick. Das wertfreie Sein im Moment ermöglicht es, die Tätigkeit immer und immer wieder auszuweiten und in ihr abzutauchen. Im Zuge der Achtsamkeitspraxis kommt es zu einer Verlangsamung der Zeitwahrnehmung und bei intensiver Meditationspraxis, auch wie beim Flow, zu einer Verschmelzung des Ich-Bewusstseins mit den Objekten der Wahrnehmung.
Innerhalb dieser Tätigkeit, die viel Achtsamkeit beansprucht, kann ein optimales Maß an Klarheit und Fokus erlangt werden, jedoch denkst Du nicht darüber nach. Du urteilst nicht und du planst nicht Deinen nächsten Schritt, du lässt ihn sich einfach entfalten.
Im Flow zieht sich das Ego zurück und macht Platz für den Prozess.
Im weiteren Sinne lassen sich Achtsamkeit und Flow-Erleben als Gegenpole darstellen, die das gleiche Gefühl in sich tragen und welches die positiven und gesundheitsfördernden Wirkungen auf uns hat. Achtsamkeit ist ein Seinszustand, bei dem mit einer akzeptierenden Grundhaltung alle Reize wahrgenommen werden ohne auf sie zu reagieren. Flow-Erleben ist eine Form des Handelns, bei der alle irrelevanten Reize herausgefiltert werden. In beiden Dimensionen verändert sich das Zeitgefühl, ja die Zeit verschwindet förmlich, indem sie dahin fließt oder auch indem sie sich ausdehnt. Mit dem Verschmelzen der aktuellen Tätigkeit kann sich das Ich-Bewusstsein auflösen und man wird Eins mit all dem was ist. Dieser Zustand unterstützt neue und kreative Denkmuster und Handlungen, aufgrund der Offenheit.
Flow Erleben und die Bedeutung am Arbeitsplatz
Wir alle kennen die Problematik der eigenen Work-Life-Balance. Gerät sie aus der Balance leidet nicht nur unser Wohlbefinden darunter, ja meistens auch unsere Leistung. Ergebnisse sind eng mit dem Engagement der Mitarbeiter verbunden. Jede Führungskraft wünscht sich begeisterte und engagierte Mitarbeiter. Während in den meisten Unternehmen ein eher rational-lineares Verständnis über Führung und Struktur besteht, basieren soziale Systeme wie Unternehmen ebenfalls auf sehr emotionaler Basis.
Unternehmen, die den individuellen Rhythmus ihrer Mitarbeiter respektieren, ermöglichen ihnen zur gleichen Zeit die Arbeitszeit besser zu nutzen und ihre Energie zu steuern. Das steigert nicht nur das Wohlbefinden der Mitarbeiter, viel mehr ermöglicht es, dass bestimmte Tätigkeiten in einer Qualität ausgeführt werden können, die zu einem Flow-Erleben kommen können.
Professor Csikszentmihalyi hat in seinen Studien zu Kreativität und Produktivität herausgefunden, dass der mentale Zustand von Engagement und Verpflichtung und dementsprechend von optimaler Leistung darin liegt, dass häufig und bewusst der Flow-Zustand erlebt wird (Souders, 2020).
Wir aber können Unternehmen und jeder Einzelne diesen Zustand für sich zugänglich machen?
Bringe Dich selbst in Deinen Flow-Zustand
Grundsätzlich kann jeder von uns einen Flow-Zustand selbst erleben und auch erlernen. Man sollte Störfaktoren ausschalten und vor allem eine Passung zwischen unseren Fähigkeiten und den Aufgaben finden. Wir wollen nicht überfordert oder unterfordert sein.
Tipps: Das kannst Du für Deinen Flow-Zustand tun:
- Setze Dir klare Ziele, sodass die Aufmerksamkeit für die Zeit bis zu der Erreichung der Ziele auf die Tätigkeit gelenkt wird.
- Beseitige Ablenkungen wie z. B. Handy ausschalten und alles vom Arbeitsplatz räumen, was Du nicht benötigst.
- Füge eine Herausforderung hinzu, die überschaubar ist, jedoch wie ein Magnet zur Bewältigung wirkt. Deine Fähigkeiten sollen sich hier beweisen dürfen, achte darauf, dass es nicht zu langweilig ist.
- Wähle eine Tätigkeit, die Dir gefällt. So erreichst du eher einen Flow-Zustand.
Eine kleine Übung für den Flow:
- Bevor Du mit der Tätigkeit beginnst, halte inne und nimm drei tiefe, langsame Atemzüge. Konzentriere Dich dabei vollständig auf den Atem.
- Bringe Deine ganze Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment. Tue für den Moment so, als ob Vergangenheit und Zukunft nicht existieren. Nimm Schritt für Schritt all deine Sinne wahr. Sei voll präsent im Jetzt.
- Langsam, mit absichtlichen Bewegungen, gehe über in Deine Tätigkeit. Versuche deinen Fokus immer wieder auf den aktuellen Schritt zu richten und alles was Du tust, intensiv wahrzunehmen.
- Bleib wachsam und konzentriert auf das, was Du in diesem Moment tust – erlaube Dir nicht, in Gedankengänge und Überlegungen abzurutschen.
- Vertiefe Dich in die Aktivität. Du wirst feststellen, dass die Aktivität «lebendig» wird, wenn Du sie mit Achtsamkeit übst.
- Wenn Dein Kopf zu anderen Gedanken abrutscht, führe ihn einfach wieder zurück zu der intensiven Aufmerksamkeit auf Dein Tun.
Erlebst Du Deine Tätigkeit in einem Flow, so wirst du sie zufrieden abschließen und Dich zur gegebenen Zeit einer neuen Aufgabe widmen. Mit dieser neuen Aufgabe darfst Du dir überlegen, wie du diese gestalten kannst um erneut den Flow-Zustand zu erreichen. Es geht darum, über das erlebte Empfinden zu reflektieren und die positiven Einflüsse weiter in deine Arbeit zu integrieren sowie negative Einflüsse zu eliminieren. Reflektiere zudem, wo Du an eine Grenze der Bequemlichkeit geraten bist oder wann genau Überforderung und Unterforderung eingetreten ist. Wie in Abb. 1 dargestellt, soll die Aufgabe Deine Fähigkeiten nicht übersteigen und gleichzeitig keine Langeweile auslösen.
Wir sollten nicht davon ausgehen, dass wir am Arbeitsplatz keinen Flow und kein Glück erfahren. Einige Berufe sind darauf ausgelegt, Flow zu erleben. Auch am am Laptop, wo nicht viel Bewegung passiert, sollten wir in der Lage sein, uns zu konzentrieren und Ablenkungen, äußere und innere, zu minimieren und so mit unserem Fokus, in unserer Tätigkeit einzutauchen.
Quellen:
Csikszentmihalyi, M. (2000). Beyond boredom and anxiety: Experiencing flow in work and play. San Francisco, CA: Jossey-Bass.
Cherry, K. (2021). The Psychology of Flow. In: verywellmind.
Flowspacefitness (2018): https://www.flowspacefitness.com/blog/2018/8/30/what-is-flow-state
Souders, B. (2020). Flow at Work: The Science of Engagement and Optimal Performance. In PositivePsychologie.com
Wired magazine (1996): https://www.wired.com/1996/09/czik/
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