Was ist eigentlich Achtsamkeit? Und warum ist sie im digitalen Zeitalter so wichtig?
Kennen Sie das? Sie stehen auf, Frühstücken und möchten direkt zu Ihrem Handy greifen? Sie beenden ein Meeting, während dem Sie konzentriert gearbeitet haben und wollen sofort wieder in Ihrem Handy Ihre Emails abrufen?
Wenn Sie sich über diese Impulse bewusst sind, ist das schon eine Form der Achtsamkeit. Wenn Sie nun auch noch fähig sind, immer mal wieder „nein“ zu diesem Impuls zu sagen, kann das eine Chance sein, Momente der Präsenz im Alltag zu kultivieren.
Achtsamkeit ist Präsenz, mit dem was ist, wertungsfrei.
Achtsamkeit fördert den Fokus, das Mitgefühl, die Kreativität, den Selbstwert. Achtsame Praktiken bringen uns zu uns selbst. Sie eröffnen uns Wege der Verbindung aus Körper und Geist und einen Zugang zu unseren Emotionen und Empfindungen. Das klingt in der Theorie alles wunderbar und kann mittlerweile mit unzähligen Studien und Fakten untermauert werden. Doch letzten Endes ist Achtsamkeit eine ganz persönliche Erfahrung, die jeder für sich macht.
Ich war vor Kurzem auf einem Schweigeretreat und habe mich in aller Stille mit meiner persönlichen Achtsamkeit befasst. Während des Retreats ging es eigentlich nur darum, im Schweigen zu essen, zu trinken, zu sitzen und zu gehen und zu schlafen. Eigentlich ganz einfach, oder? Essen, trinken, sitzen, gehen, schlafen. Das machen wir jeden Tag und dazwischen noch unendlich viel mehr. Man könnte also behaupten: Easy! Doch ist die Frage nicht eher: Warum buchen wir uns, wenn das so leicht ist, in eine Kloster ein, um genau das zu tun?
Weil wir diese Tätigkeiten tun ohne uns darüber bewusst zu sein!
Unsere Tage sind gefüllt mit unzähligen Aufgaben, vibrierenden Smartphones, Notifications auf dem Bildschirm und hoher Lautstärke. Egal wohin wir gehen, begegnen wir Stimmen, Geräuschen, Lärm. Im Restaurant spielt die Musik. Auf den Gehwegen begleitet der Straßenverkehr. Zu Hause spielt der Nachbar seine Musik in voller Dröhnung. Ruhe, Stille und Präsenz mit uns selbst kommen da oft zu kurz.
Im Kloster hatte ich viele Momente der absoluten Präsenz, die ich selbst voller Erstaunen beobachtet habe.
Da war plötzlich nur noch eine leise Stimme der Intuition, die erstaunlich zufrieden mit allem war, was uns das Leben an Höhen und Tiefen entgegenstellt.
Nach vielen Jahren der Meditationspraxis hatte ich erwartet, dass mir nach den aktiven Monaten der Startup-Gründung und vieler anderer Herausforderungen, meine Emotionen in der Stille erst einmal zu schaffen machen. Ich hatte erwartet, dass es in meinem Kopf zunächst sehr laut wird und mein Körper sich durch Wehwehchen Gehör verschafft. Doch es blieb erstaunlich ruhig und wurde immer ruhiger. Ich bin gesessen (Sazen = das meditative Sitzen im Zen), gelaufen (Kinhin = meditatives Gehen im Zen) und war vollkommen aufnahmefähig bei den Vorträgen des Zenmeisters (Teisho = Vortrag).
Warum ist es mir ein Anliegen, diese Erfahrungen mit Ihnen zu teilen?
Vieles, was heute als Achtsamkeit verkauft wird, ist bunt wie ein gutes Kochbuch. Es gibt unzählige Ratschläge für verschiedenste Formen der Meditation, des Yoga und weiterer achtsamen Praktiken.
Achtsamkeit selbst scheint zu einem bunten Bauchladensortiment geworden zu sein.
Ich bin ein großer Verfechter des Ausprobierens und des Erfahrens. Darum ist es nicht immer schlecht, sich den Bauchladen anzusehen. Doch wenn Sie sich für eine Praxis entschieden haben, versuchen Sie zunächst dabei zu bleiben und in dieser Praxis Ruhe und Stille zu finden.
In der Stille finden Sie den Weg zu Ihrer eigenen Präsenz.
Hier geht es nicht um Erleuchtung, absolute Gedankenfreiheit oder die perfekte Stille.
Es geht darum, in kleinen Momenten neugierig Zeuge einer inneren Freiheit zu werden, die wir alle seit jeher besitzen.
Es geht darum zu realisieren, dass wir zu jeder Zeit einen Zugang zu uns selbst finden können und zu jeder Zeit Zeugen des „Buzz“ um uns werden können. Wir können Zeugen sein, ohne immer „tun“ zu müssen. Wir können zuschauen, ohne zu reagieren. Wir können einfach sitzen, einfach gehen, einfach essen und einfach trinken.
In dieser Einfachheit entsteht Raum für uns als Menschen mit Herz und Menschlichkeit. Das ist die Quelle unserer Schaffenskraft und unseres persönlichen Wachstums.
Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Ausprobieren.
Ihre Martina Dopfer
Mehr zu Achtsamkeit Unternehmen unter myndway.com oder in meinem Buch „Achtsamkeit und Innovation in integrieren Organisationen“.