Wie sie uns beeinflussen und wie Achtsamkeit helfen kann einen Umgang zu schaffen. 

Wie viele negative Nachrichten hast Du heute schon gelesen? Wie ging es Dir damit?

 

Wenn wir uns mit den Inhalten auf Nachrichtenseiten oder auf Social Media beschäftigen, fällt eines auf: Kriege, Naturkatastrophen und Konflikte sind allgegenwärtig. Dabei fällt es schwer, sich ihnen zu entziehen, denn sie haben eine wesentlich stärkere Wirkung auf unser Gehirn als positive Nachrichten. Doomscrolling beschreibt dabei unser Verhalten sowie unsere Nutzung von außerordentlichen Nachrichten. „Doom“ bedeutet Verderben oder Untergang. Scrolling beschreibt unsere Bewegung, Nachricht für Nachricht auf unserem Smartphone weiter zu wischen. Doomscrolling  beschreibt also ein Sucht ähnliches Verhalten, bei welchem wir durch schlechte Nachrichten weiter scrollen, obwohl diese traurig machen und uns nicht gut tun (Online Lexikon der Psychologie und Pädagogik, 2022). Warum verbringen wir wöchentlich dennoch so viel Zeit mit Inhalten, die uns nicht gut tun? Wie können wir einen achtsamen Umgang mit den Medien lernen? Damit beschäftigt sich dieser Beitrag. 

Der Einfluss negativer Nachrichten auf unsere Psyche

Dem ein oder anderen ist es vielleicht bekannt, dass die Neugier und das Interesse oftmals größer sind, wenn wir Schlimmes erahnen. Bei einem Autounfall hinsehen zu müssen oder sich Totenzahlen im Vergleich zu Geburtenzahlen besser merken zu können, hat letztendlich eine psychologische Begründung. Diesen Effekt nennt man Negativitätsbias. So zeigt John T. Cacioppo, Psychologe der Ohio State University, dass unser Gehirn eine größere Sensibilität für unangenehme Nachrichten hat und diese Informationen schneller verarbeitet. In Studien konnte demnach gezeigt werden, dass die elektrische Aktivität unserer Großhirnrinde sehr viel stärker reagiert auf Bilder, die etwas Negatives zeigen (Cacioppo, 1998)

Das Ganze hat natürlich auch einen Grund: Unser Verhalten, negativen Input stärker zu gewichten war evolutionsbedingt schon immer notwendig, um uns aus der Gefahrenzone zu holen. Seit Beginn der Menschheitsgeschichte hing unser Leben von der Fähigkeit ab, Gefahren auszuweichen. Dementsprechend hat unser Gehirn Systeme entwickelt, die es unmöglich für uns machen, nicht auf Gefahr zu reagieren. 

Das hört sich zunächst sehr sinnvoll an. Jedoch hat unsere Neigung zu negativem Input eine erhebliche Auswirkung auf die Medienwelt. Positive Schlagzeilen besitzen nicht den gleichen Nachrichtenwert wie negative Schlagzeilen. Medien nutzen dies also um Leser*innen länger auf ihrer Homepage zu halten und demzufolge lesen wir eher selten darüber, dass 99,9% der Flugzeuge sicher landen (Statista, 2022).  

Und wie geht’s uns damit?

Unser Verständnis darüber, welchen enormen Effekt negative Nachrichten auf unser Wohlbefinden haben ist für die Einzelperson oft nicht greifbar. Es ist zu abstrakt, ein unterschwelliges Gefühl mit einer alltäglichen Routine in Verbindung zu bringen. 

Eine großangelegte Studie hat genau das in 17 Ländern und mit 1.156 Probanden untersucht. Während sich Teilnehmer*innen negative, positive sowie neutrale BBC Welt Nachrichten ansahen, wurden ihre physiologischen Reaktionen gemessen. Das Ergebnis war, dass sich bei allen Teilnehmer*innen eine erhöhte Herzfrequenz bei negativen Nachrichten zeigte, was auf erhöhte Erregbarkeit zurückführen lässt (Soroka, 2019).

Weitere Studien konnten zeigen, dass bereits wenige Minuten des Konsums negativer Nachrichten zu schlechten Gefühlen führen. Zudem wurde eine Zusammenhang festgestellt, dass Symptome durch den exzessiven Konsum von Katastrophennachrichten, denen einer Posttraumatischen Belastungsstörung ähneln, ohne dass bei betroffenen Personen ein traumatisches Ereignis vorliegt (Schröder, 2022).

Ist der übermäßige Konsum von schlechten Nachrichten denn wirklich notwendig?

In vielerlei Hinsicht begegnen wir insbesondere im Internet der Angst etwas zu verpassen. Wir könnten die neuesten Beiträge unserer Freunde auf Social Media, wichtige Welt-Nachrichten oder einfach nur den neuesten Post eines bekannten Influencers verpassen. 

Das Bedürfnis, welches hier im Vordergrund steht ist Sicherheit. Bei all den Thematiken und Problemen die heutzutage bestehen, ist es ein Weg sich Kontrolle zurück zu holen. Hier verlaufen wir uns allerdings in einer Illusion: Viel Verständnis über eine Situation zu haben, bedeutet nicht diese Situation beherrschen zu können. Das bedeutet, dass es meistens die Situation an sich nicht verändert, irrelevant ob wir 5 oder 15 Schlagzeilen zu dieser lesen. Auch zu hinterfragen ist, ob jede Information uns wirklich weiterhilft. Oftmals verwirren viele Informationen und schaffen Unsicherheit. Hier entsteht dementsprechend von Vornherein nicht die Möglichkeit, das Bedürfnis nach Sicherheit zu befriedigen. 

Ein achtsamer Umgang mit unserem Nachrichtenkonsum 

Es soll natürlich nicht darum gehen, keine Nachrichten mehr zu verfolgen. Ein wichtiger Stichpunkt hier ist die Balance. Balance zu kreieren ist für jeden Lebensbereich von hoher Relevanz. Da wir nun wissen, dass positive Nachrichten bzw. Ereignisse nicht den gleichen Effekt auf unser Gehirn haben wie negative, ist es wichtig diese auch nicht 1:1 ausgleichen zu wollen. Es bedarf häufiger kleine positive Erfahrungen, um die Neigung zum Negativen aufzuheben und die Waage zum Wohlbefinden zu halten. 

 

-> Lege Nachrichtenpausen ein und konsumiere sie zu den richtigen Zeiten.

 

Da negative Meldungen uns in einen Zustand der Erregbarkeit versetzen, ist es notwendig unserer Psyche und unserem Körper Ruhe zu ermöglichen. Das bedeutet, wir müssen nicht jede Stunde, nicht einmal jeden Tag die Nachrichtenseite aktualisieren. In Studien konnte gezeigt werden, dass zwei Stunden täglicher Nachrichtenkonsum, Symptome einer Angststörung oder Depression aufzeigen kann (Schröder, 2022).

Ebenfalls relevant ist, wann wir Nachrichten lesen. Uns vor dem Einschlafen mit aufregenden und schlechten Inhalten zu füttern, verspricht keinen guten Schlaf, genauso kann es direkt nach dem Aufwachen einen direkten Einfluss auf unsere Tagesstimmung haben. 

 

-> Erkenne Medien als eine Unterhaltungsplattform und wähle bewusst deine Informationsquelle.

 

Wir befinden uns nicht mehr in einer Zeit, in welcher Nachrichten nur 30 Minuten am Tag vorgestellt werden, vielmehr finden wir überwiegend 24 Stunden Nachrichten-Feeds. Dementsprechend geht es nicht mehr nur darum zu informieren, sondern auch darum, Unterhaltung zu schaffen und so die Aufmerksamkeit der Leser zu binden. Als Konsument bzw. Konsumentin kann es daher hilfreich sein zu entscheiden, wie man Nachrichten und Fakten konsumieren möchte. Mit welcher Informationsquelle fühlt man sich sachlich informiert? Wo entsteht mehr Drama als nötig? 

 

-> Schaffe eine Balance zwischen negativem und positivem Input

 

Zum einen gibt es die Möglichkeit positive Nachrichten zu lesen wie z.B. auf goodnews.eu. Außerdem auch die Inhalte lesen, die einen persönliche interessieren und Vergnügen schaffen, sei es über das eigene Hobby oder über Musik die man gerne hört.

Eine Balance schafft insbesondere Bewegung wie z.B. Aktivität im Freien, ein Spaziergang, zum Sport gehen oder jegliche Tätigkeit, die uns erlaubt Raum in unseren Gedanken zu kreieren. 

 

-> Meditation und Dankbarkeit

 

Beim Meditieren oder anderen Achtsamkeitsübungen erhalten wir die Möglichkeit, zu beobachten wie viel in unserem Kopf los ist und anschließend Ruhe reinzubringen. Fällt hier also auf, dass der Fokus negativ ist, kann ich bewusst versuchen, diesen umzulenken. Das gelingt zum Beispiel indem man den Fokus auf das richtet, was einem ein Gefühl von Zufriedenheit gibt. An dieser Stelle Dankbarkeit auszudrücken, kann körperlich wie auch mental viel Erregung auflösen. 

 

Wir alle sind anfällig für Doomscrolling– stundenlanges Lesen und mit jeder neuen Nachricht ein weitere Kick für unser Belohnungssystem, über die Grenze hinaus, dass es uns wirklich noch gut tut. Um aus dem Gefühl der Überforderung herauszukommen, müssen wir uns bewusst werden was und wie wir konsumieren, um aktiv die Kontrolle zu übernehmen. Selbstbeobachtung entsteht durch Achtsamkeit und erst dann ist Veränderung möglich. 

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Quellen:

 

Cacioppo, 1998: Negative Information Weighs More Heavily on the Brain:

The Negativity Bias in Evaluative Categorizations.

Lexikon der Psychologie und Pädagogik: Doomscrolling:

https://lexikon.stangl.eu/30995/doomscrolling

Schröder, 2022: Süchtig nach schlechten Nachrichten:

https://www.spektrum.de/news/doomscrolling-suechtig-nach-schlechten-nachrichten/2005048

Soroka, 2019: Cross-national evidence of a negativity bias in psychophysiological reactions to news: https://www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.1908369116#executive-summary-abstract

Statista: 

https://de.statista.com/themen/129/flugzeugabsturz/#topicHeader__wrapper

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