Was Stress mit unserem Körper macht und wie wir ihn unterstützen können
Viele Angestellte leiden heute unter hoher Arbeitsbelastung. Lange Arbeits- und Digitalzeiten, die Arbeit aus dem Home-Office sowie komplexere Anforderungen und durchgehende Erreichbarkeit führen zu Stress, Druck bis hin zu Burn-out. Das fand auch das Meinungsforschungsinstitut Gallup in einer groß angelegten Studie heraus. Demnach liegt weltweit das Stresslevel auf einem Rekordstand von 44 Prozent (Gallup, 2022). Für den Großteil der Menschen ist die Antwort auf die Frage, ob sie Stress bei der Arbeit erleben, ein klares „Ja!“. Dabei stellt sich im gleichen Atemzug die Frage, ob die Auswirkungen von Stress ebenfalls den meisten Menschen bekannt sind? Körperliche Symptome erfahren alle, ob Kopfschmerzen, Rückenschmerzen oder ein anhaltender schlechter Schlaf. Der Körper möchte uns hier ganz klar etwas mitteilen, doch werden diese körperlichen Symptome unzureichend als ein Alarmsignal wahrgenommen. Langfristig anhaltender Stress, bei dem Signale des Körpers ignoriert werden, ist definiert als ein Risikozustand, denn als Folge kann es zu Burn-Out oder psychischen Erkrankungen kommen.
Burn-out entsteht, wenn der Stress am Arbeitsplatz nicht erfolgreich bewältigt wird, beziehungsweise eine langfristige Überforderung auftritt. Die Folgen sind Energiemangel, Erschöpfung, mentale Distanz oder Gefühle von Negativismus (Weltgesundheitsorganisation, 2019). Unser Nervensystem spielt dabei eine essentielle Rolle, denn hier findet die eigentliche Reaktion statt. Der Sympathikus, verantwortlich für Erregung und Anspannung, ist in einer konstanten Überaktivität. Die anhaltende mentale Beschäftigung mit Arbeitsaufgaben und To-Dos hindert den Parasympathikus, verantwortlich für Entspannung daran, sich selbst zu aktivieren.
Für ein tieferes Verständnis des Parasympathikus und Sympathikus, gibt es hier einen passenden Beitrag
Was verursacht innere Nervosität?
In vielen Lebensbereichen erfahren wir regelmäßig Konfrontation, Widerstand oder Konflikt. Das führt dazu, dass wir innerlich nicht entspannen – wir sind nervös und aufgekratzt, während wir gedanklich immer wieder um die gleichen Themen kreisen. Nervosität ist dabei ein geistiger und körperlicher Zustand, der durch das Stressreaktionssystem des Körpers verursacht wird. Dies ist das gleiche System, das einsetzt, wenn wir uns zum Beispiel ängstlich fühlen. Nervosität tritt dabei jedoch eher als Reaktion auf ganz bestimmte Ereignisse auf, wie die Vorbereitung auf eine wichtige Präsentation oder eines wichtigen Meetings. Im Wesentlichen wird Nervosität dadurch verursacht, dass der Körper Stresshormone (z. B. Adrenalin, Cortisol) ausschüttet.
Nervosität, Angst und auch Stress können dabei (unter anderem) folgende Symptome verursachen:
- Brustschmerzen
- Schlafprobleme
- schnellere und flache Atmung
- Kopfschmerzen
- Konzentrationsprobleme
- erhöhte Reizbarkeit
- Stimmungsschwankungen
- Übelkeit
- Schwitzen
Nach einer Phase der Nervosität fühlen wir uns oftmals erleichtert oder müde, da der Körper viel mehr Energie als gewöhnlich verbraucht hat. An diesem Punkt ist es notwendig, dem Körper diese Pause zu geben, sich auszuruhen und die Anspannung zu verarbeiten.
Auslöser identifizieren und vermeiden
Unser Nervensystem ist immer in Alarmbereitschaft und scannt unsere Umgebung nach potenziellen Bedrohungen. Prinzipiell ist das eine wertvolle Funktion, da sie uns vor Gefahr schützt. Unser Nervensystem kann jedoch bei dauerhafter Überreizung überempfindlich werden. Das führt dazu, dass wir auf harmlose Reize sehr stark reagieren, was wiederum Stress auslöst.
Viele verschiedene Dinge können dabei zu einer Daueraktivität des Nervensystems führen. Häufige Auslöser sind laute Geräusche, helle Lichter, Menschenmassen, aber auch lange Meetings, Gespräche mit dem Chef oder Deadlines. Jeder Mensch ist einzigartig und hat seine eigenen spezifischen Auslöser. Der beste Weg, mit einem gestressten Nervensystem umzugehen, besteht demnach darin, die eigenen Auslöser zu identifizieren und sie zu vermeiden. Dies kann schwierig sein, da einige Auslöser möglicherweise nicht vollständig vermieden werden können, wie zum Beispiel die Fahrt in der überfüllten Bahn oder das Gespräch mit einem aufgebrachten Kollegen. Aber selbst eine Reduktion oder ein bewusster Umgang mit der Situation kann dazu beitragen, den empfundenen Stress zu verringern und somit körperlichen Symptomen entgegenzuwirken.
Der Umgang mit einem gestressten und empfindlichen Nervensystem kann eine Herausforderung sein, aber es ist definitiv möglich. Ebenfalls relevant ist die Frage nach der persönlichen Selbstregulierung, wenn wir diesen Auslösern ausgesetzt sind. Wie gehen wir damit um, wenn wir in Nervosität oder Stress fallen? Wie können wir uns körperlich und mental beruhigen?
Übungen für die eigenen Selbstregulierung
Atmung
Tiefes Atmen mit einem langsamen und regelmäßigen Verhältnis von Ein- und Ausatmung signalisiert unserem parasympathischen Nervensystem, den Körper zu beruhigen. Insbesondere dann, wenn wir uns in einem Zustand von Stress und Angst befinden oder rasende Gedanken sowie einen schnellen Herzschlag erleben, ermöglicht uns eine bewusste, tiefe Atmung aus diesem Zustand herauszutreten. So können wir von einer flachen, schnellen Atmung zu einer tiefen Bauchatmung kommen. Diese Reaktion wirkt sich sofort auf unser körperliches Empfinden sowie auf unsere Gesundheit aus.
Versuche immer wieder Momente in Deinen Arbeitsalltag einzubauen, in denen Du bewusst für ein paar Minuten tief atmest. Beobachte, wie sich Dein Körper entspannt und du innerlich ruhiger wirst. Lade auch Arbeitskollegen und -kolleginnen ein, das Gleiche zu tun. Vielleicht könnt ihr sogar gemeinsam Eure Meetings mit einer bewussten Atmung von 1 bis 3 Minuten starten.
Summen oder Singen
Summen und Singen aktivieren den Vagusnerv, der die Entspannungsreaktion aktiviert. So unterstützen wir unseren Parasympathikus. Unser Körper gelangt dabei aus der Kampf-oder-Flucht-Reaktion und erfährt Entspannung.
Ob während der Erledigung von Aufgaben oder ganz bewusst mit geschlossenen Augen – Einfach mal Summen oder Singen. Noch leichter und wohltuend ist das Ganze mit einem Grinsen im Gesicht 🙂
Shake It Off
Stelle Dir einen Hund vor. Nach einer aufregenden Begegnung mit einem vielleicht nicht so freundlichen anderem Hund, schütteln sich beide Hunde und laufen weiter, als wäre nie etwas gewesen. Laut Dr. Peter Levine in seinem Buch „Waking the Tiger“ zittern Tiere, um Traumata aus ihrem Körper zu lösen. Levine ist auch der Entwickler von Somatic Experience, einer körperbasierten Therapie zur Verarbeitung und Auflösung von Traumata.
Schwierige Erfahrungen, einschließlich Stress, können Energie im Nervensystem aufbauen. Das Schütteln kann dabei helfen, diese Energie freizusetzen und sie regelrecht abzuschütteln. Dies wird auch als therapeutisches oder neurogenes Zittern bezeichnet. Es ist eine Technik, die in therapeutischen Spannungs-Freisetzungsübungen verwendet wird.
Ernährung
Das Gehirn und das Nervensystem lieben Fett. Die Nervenzellen sind in eine schützende Hülle namens Myelin gehüllt. Es gibt viele Nachweise dafür, dass der Verzehr von Fett dazu beitragen kann, diese Schutzschicht gesund zu halten.
Denke daran, gesunde Fette zu essen, um Dein Nervensystem buchstäblich abzufedern. Zu den gesunden Fetten gehören zum Beispiel: Avocado, Nüsse und fetter Fisch.
Damit die geistige und körperliche Gesundheit nicht unter Stress langfristig leidet, ist es wichtig, dass wir ihr viel Aufmerksamkeit schenken. Insbesondere bei einem hohen Stressniveau sollte Selbstfürsorge oberste Priorität haben. Wenn Du Dich dazu entscheidest, Dich mehr um deine Entspannung zu kümmern, plane aktiv Zeit dafür ein. Versuche zum Beispiel einen Block zu planen, in dem Du nicht gestört wirst und einer wohltuenden Übung oder Aktivität nachgehst. Anschließend kannst Du Dich ausgeruht und aufgeladen wieder an die Arbeit setzen. -> It’s called Balance.
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Quellen:
Gallup (2022): State of the Global Workplace Report. Quelle: https://www.gallup.com/workplace/349484/state-of-the-global-workplace-2022-report.aspx
Weltgesundheitsorganisation (2019): Burn-out an “occupational phenomenon”: International Classification of Diseases. Quelle: https://www.who.int/news/item/28-05-2019-burn-out-an-occupational-phenomenon-international-classification-of-diseases
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