Kreativität und Innovation

„Ich wäre gerne etwas kreativer“, ist ein Satz, den wir alle schon mindestens einmal gehört oder selbst gesagt haben. Ganz unabhängig davon, ob wir Zuhause ein neues Hobby ausprobieren wollen oder am Arbeitsplatz nach kreativen Lösungsansätzen suchen – Warum fällt es uns oft so schwer, neue Ideen und Vorstellungen zu entwickeln? Insbesondere im Unternehmen begegnen viele Personen einem noch stärker ausgeprägten Innovationsdruck, unter welchem stets neue Ideen für das Produkt und das Geschäftsmodell entstehen sollen. 

Gerade im Arbeitsalltag aber fällt es Mitarbeiter*innen oft schwer, Zugang und Raum für neue Ideen zu finden. Deadlines, Meetings und eine immer länger werdende To-Do Liste halten sie davon ab, Pausen zu nehmen und den Kopf frei zu bekommen.

Achtsamkeit als Lösungsansatz

Achtsamkeit kann einen erfolgreichen Umgang mit diesen Blockaden ermöglichen, denn Kreativität sowie Innovation entstehen in Momenten der Ruhe. In diesen Momenten halten wir nicht an den Gedanken und Zielen fest, sondern lassen sie los. So können achtsame Praktiken uns auch darin unterstützen, gedankliche Mauern einzureißen und aus den bekannten Bahnen auszubrechen.

Der Wandel zu mehr Bewusstsein

Wirtschaftliche Dynamiken, Unternehmensstrukturen sowie auch unser persönliches Wachstum mit all den dazugehörigen Einflussfaktoren unterliegen einem Wandel. Ein Großteil der Unternehmen hat sich schon lange von steifen, hierarchischen Strukturen verabschiedet und höhere Mitarbeiterorientierung sowie Kollaboration zum neuen Mantra gemacht. Kontrolle rückt in den Hintergrund, Selbstorganisation und Loyalität in den Vordergrund. Das entspricht auch der aktuellen Zeit, in welcher der Mensch zunehmend durch emotionale statt rein monetäre Anreize motiviert wird. Im Zuge dieser Transformation sucht der Mensch heute nach mehr Sinn in seinem Tun.

Innovation und Transformation sollte aus einer tieferen Dimension als der sichtbaren Realität verstanden werden. Unser Verständnis darüber, was wir tun (Resultate) und auch wie wir etwas tun (Prozesse) ist bereits stark ausgeprägt. Um unser Verhalten anzupassen und zu verändern, müssen wir mental an den leeren Punkt zurückgehen, an welchem die Ideen für unser eigenes Verhalten entstehen. 

 

Aber wo genau ist das? Woher kommt das, was wir tun? Wo ist dieser Entstehungsort?

Zum Entstehungsort der Gedanken mit der Theorie U

Diesen Entstehungsort beschreibt Otto Scharmer in der Theorie U, welche genutzt werden kann, um den Prozess zu verstehen, wie wir ganzheitlich unser Bewusstsein auf erfolgreiches Handeln ausrichten können (Scharmer & Käufer, 2008). Der blinde Fleck beschreibt dabei einen inneren Ort, in dem Handlung und Wahrnehmung entsteht. Dieser innere Ort bietet somit einen Hebelpunkt für neues Denken und Handeln.

Der U-Prozess entstand aus einer zehnjährigen Forschungsarbeit an dem MIT Cambridge (MA). Laut Scharmer & Käufer (2008) war Teil der Forschung die Aufstellung von vier unterschiedlichen Arten des Zuhörens, repräsentativ für die Struktur der Aufmerksamkeit. Die Qualität des Zuhörens entsteht aus einer Quelle des Handelns und kann das Muster einer Interaktion verändern. 

 

So gibt es vier Ebenen des Zuhörens:

  1. Vom einfachen Herunterladen der bereits bekannten Informationen, 
  2. zur Konzentration auf neue Fakten. 
  3. Schließlich die Ebene, welche das empathische Verständnis beschreibt, also die Gegenwart aus der Sicht des anderen einzunehmen. 
  4. Darauf folgt die schöpferischen Ebene. Dies beschreibt tiefe Ebene der Aufmerksamkeit, mit welcher beim Zuhören entstehende zukünftige Möglichkeiten wahrgenommen werden.

Die Wahrnehmung vertiefen

Die Theorie U bedient sich eines Prozesses der vertieften Wahrnehmung. Diese regt das persönliches Wachstum an und geht so Hand in Hand mit dem Thema Achtsamkeit.

Für die praktische Erschließung des inneren Wissens und dessen Aktivierung durchläuft man einen fünfstufigen Prozess, welcher sich entlang einer U-Form abbilden lässt. Dabei handelt es sich bei dem Prozess um drei Grundbewegungen: „anschauen, anschauen, anschauen“, „gehe zu dem Ort der Stille und lass das innere Wissen entstehen“ und „handle unmittelbar aus dem Anwesendwerdenden“ (Scharmer & Käufer, 2008) (s. Abb. 1).

Diese Grundbewegungen beschreiben einen kreativen Prozess, der zulässt, alte Denkmuster loszulassen, um sich mit einem neuen Mindset in die Zukunft zu lehnen. Dabei geht es in den einzelnen Schritten darum, die routinierte Handhabung von Informationen wahrzunehmen, um sie dann mit gezielter Aufmerksamkeit zu unterbrechen. Dieses Wissen kann sich in Verbindung mit neuen Möglichkeiten entfalten und in neuen Denkbewegungen Neues (Innovation) entstehen lassen.

Neue Gedanken entstehen in der Ruhe und oftmals sogar in der Stille. Vielleicht kennt Ihr die Momente in der Dusche, wenn Ihr plötzlich eine neue Idee aufschreiben möchtet oder die Augenblicke beim Spazierengehen, in welchen Euch plötzlich ein ganz neuer Lösungsweg einfällt, den Ihr so zuvor nicht gesehen habt.

Abb. 1: Der 5-stufige Prozess der vertieften Wahrnehmung nach Scharmer und Käufer (2008)

Den inneren Ort der Stille aufsuchen

Wenn wir uns mit unserer Kreativität verbinden wollen, ist es letztendlich der gleiche Prozess wie in der Theorie U. Ein Prozess des Achtsamwerdens und der bewussten Strukturierung unserer Aufmerksamkeit. Je komplexer unser Arbeitsalltag ist und je mehr neue Strukturen und Dynamiken sich bilden, desto schwieriger ist es, auf Neues zuzugreifen. Es wird also zunehmend wichtiger den persönlichen inneren Ort der Stille aufzusuchen.

Die Praxis der Achtsamkeit lädt dazu ein, in sich hinein zu hören und einer leeren Leinwand zu begegnen, die einen Blick auf neue Möglichkeiten erlaubt. Praktiken wie Aufmerksamkeitsübungen oder Meditationen unterstützen das Finden dieses stillen Ortes. Dabei kann man sich beispielsweise für einige Minuten auf das Körpergefühl konzentrieren und die Ruhe in der Unbewegtheit beobachten. Hier bietet sich der sog. Body Scan an. Auch kann man sich innerhalb einer sog. offenen Meditation gezielt auf seine Gedanken konzentrieren, denn jeder Gedanke hat ein Anfang und ein Ende und genau dazwischen liegt Stille, welcher man sich bewusst werden kann. 

In den Momenten, in denen wir uns frei machen von Sorgen und Gedanken, lassen wir alte Muster los und es entsteht Bewusstsein, in dem sich neue Zusammenhänge entfalten – neue Zusammenhänge für neue Situationen. Gleichzeitig treten wir aus einem Stresssystem heraus, in welchem unser Gehirn grundsätzlich die einfachsten und bekanntesten Lösungen und Ideen hinzuzieht. Diese helfen uns jedoch nicht, Innovation und Kreativität entstehen zu lassen.

Was können Mitarbeiter*innen und Führungskräfte tun, um Ihre Kreativität zu steigern?

Geistesblitze und kreative Lösungen entstehen oftmals in Momenten, in denen wir automatisiert handeln und nicht darüber nachdenken, was wir als nächstes tun. Wir stehen unter der Dusche oder wir fahren den gewohnten Weg nach Hause und plötzlich überkommt uns DIE Idee, DIE entscheidende Innovation. 

Kreativität und Innovation benötigen Raum. Wir können uns diesen Raum bewusst nehmen, in dem wir unser Gehirn so trainieren, dass es schneller auf Stille und achtsame Konzentration zugreift, während es weniger von unbewussten Denkprozessen sowie äußeren Einflüssen bestimmt wird. Dies gelingt mit Achtsamkeitsübungen sowie Meditation.

TIPP 1: Brainwriting und Raum für Leere schaffen

Schreibe all Deine Gedanken auf mindestens zwei Seiten schriftlich auf. Das Geschriebene muss weder Sinn machen noch Zusammenhänge aufzeigen. Ziel ist es Deinen Kopf in dem Moment leer zu machen. Wenn Du also denkst „ich weiss nicht was ich schreiben soll“, schreibe dies auf. Wenn Du Dir Gedanken über den gestrigen oder den morgigen Tag machst, schreibe diese auf. Schreibe so lange, bis Du das Gefühl hast alle Gedanken von Dir “weggeschrieben” zu haben. Setze Dich dann in Stille hin und beobachte was da ist. Die regelmäßige Übung ist hierbei essentiell.

TIPP 2: Kreativitätscheck

Öffnet Euren Geist, in dem Ihr Euer Brainstorming mit dem myndway Kreativitätscheck einleitet.

Kreativitätscheck

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Quellen:
Scharmer CO, Käufer K (2008): Führung von der leeren Leinwand. Presencing als soziale Technik. OrganisationsEntwicklung Nr.2/2008: 4­11.

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